Samstag, 18. Juni 2011

EHEC-Tour 2011

5 Konzerte in 5 Tagen. 80 % davon in Deutschland. Hier ein kleiner Nachtrag zu den Erlebnissen.

Bereits zu Mittag machen sich Sepp und Toni auf den Weg nach Vép, einem kleinen ungarischen Dorf, um unseren bestellten Tourbus abzuholen. Die Suche nach dem Busverleih erschwerte sich, da scheinbar die Einwohner weder Deutsch noch Englisch sprechen konnten. Nach etlichen Misserfolgen beim Erfragen des Weges rettete uns das Internet zum wiederholten Male. Per Google Translator wurde "WO BUSVERLEIH?" auf ungarisch übersetzt und auf einen großen Zettel geschrieben. In einem Gasthaus versucht ein freundlicher Mann Toni den Weg mit Händen und Füßen zu erklären, bis es ihm zu blöd wird und sich Toni schnappt und ihn mit dem Auto zum Busverleih führt.
Wie man vielleicht weiß haben wir einen großen Faible für Todesmaschinen. Auch dieses Mal werden wir nicht enttäuscht. Der ungarische 9-Sitzer besitzt ein slowakisches Kennzeichen, der zweite Gang funktioniert nicht und die Bremswarnleuchten wollen uns wohl darauf hinweisen, dass ein Service nötig wäre. Dieses ist seit 17 000 Kilometern überfällig.

So mögen wir das!


Die Todesmaschine samt Anhang.

WIEN - Die Stadt der Grantigen

In Wien spielen wir im Sigmund-Freud Park beim "Festival der Bezirke". Dort muss alles schnell, schnell gehen. 15 Minuten für Soundcheck einer 7-köpfigen Band bei einer bescheidenen Anlage und das Ganze noch dazu Open-Air sind etwa schwierige Umstände. Der zuständige Soundtechniker ermutigt uns jedoch mit Aussagen wie "A Band mit siebn Leit' jetzt no mischn? Des is ja suizidgefährdend!" oder "Klor kennst a im Regn spün. Ihr kennst a eire Instrumente in die Donau haun. Mia is wuascht!"

Das Spielen mit Blick auf die Votivkirche macht Freude. Im Nachhinein hört man, dass der Klang für's Publikum weniger Freude gemacht hat. Schade. Dafür braucht man nach dem Konzert nur fünf Minuten zu Fuß nach Hause.

DRESDEN - Die Stadt der eingestürzten Neubauten

Die Reisetruppe trifft sich bereits früh um zu erwartende Verspätungen etwas zu komprimieren. Der Trupp wird ergänzt durch meinen Bruder Raffael, der weder Alkohol noch Schlaf benötigt um ausgezeichnet Bus zu fahren, und Mattl unserem Soundtechniker.


Mattl, die gute Seele.

Doch bevor wir aus Wien wegkommen merken wir bereits, dass der Platz im Bus nicht reichen wird, da das Volumen des Kofferraums mit dem eines ordinären PKWs vergleichbar ist. Ein Anhänger wird gesucht und bei unserem guten Freund Gogo gefunden. Bis dahin erlitten wir mittelschwere Quetschungen, da fast unser gesamtes Equipment auf unseren Körpern gelagert wurde.
Auf der Fahrt werden wir überproportional oft angehupt. Schon witzig wie anders man wahrgenommen wird, wenn man ein slowakisches Kennzeichen hat.


Man macht sich hübsch.

Unser illustres Erscheinungsbild (slowakischer Bus samt österreichischem Anhänger) finden die Grenzbeamten nicht ganz so witzig und vermuten, dass wir Böses im Schilde führen. Nach dieser weiteren Verzögerung kommen wir mit ein paar Stunden Verspätung zum AZ Conni in Dresden. Neben sehr freundlichen Veranstaltern begrüßt uns ebenso David, unser geliebtes und in Leipzig verschollenes Bandmitglied, der in Deutschland gerade zum großen Autor herangezogen wird. Die Wiedersehensfreude ist groß.


Der hübsche David.


Schlaf.

Das Konzert wird ein gutes. Circa siebzig Menschen hören interessiert zu und haben denke ich auch Spaß dabei.




Da unsere Freunde von "Francis International Airport" von der Stadtführung des Veranstalters derart geschwärmt haben, führt uns "Rolle" den nächsten Tag nach einem gigantischen Frühstück unter freiem Himmel durch Dresden.
Sehr schöne Stadt. Jedoch beschleicht mich ein etwas seltsames Gefühl, als wir durch die Innenstadt laufen und all die wunderschönen, altwirkenden Gebäude betrachten und wissen, dass hier kein Haus älter als zehn Jahre ist und alles nach der Zerbombung im Zweiten Weltkrieg neu aufgebaut wurde.


Rolle, our man!

LEIPZIG - Die Stadt der lebenden Dichter

In Leipzig bespielen wir seit langer Zeit mal wieder ein Wohnzimmer in akustischer Form. DIe Wohnung wird unter anderem von einem Studienkollegen Davids bewohnt und es handelt sich um ein wahres Schmuckstück.
Die Leute sind nett. Das Konzert seltsam intim. Bei diesen Wohnzimmerkonzerten kann man sich einfach nicht hinter den Lichtern, der Bühne oder der Lautstärke verstecken. Alles ist sehr persönlich, direkt und nah.
Die Leute zeigen sich freundlich und wünschen sich mehrere Zugaben. Philipp befindet sich in Hochform und spielt zum Abschluss eine herzerwärmende Version von "Are you lonesome tonight".

Zu späterer Stunde teilt sich die Gruppe. Ich fahre mit zu Davids Wohnung und schlafe auf dem Holzfußboden. Überraschenderweise eine wahre Wohltat für das Kreuz! Am Frühstückstisch lese ich einen Text von David, und bin mir sicher, dass er ein Großer wird.
Die anderen lebten in der Nacht noch etwas ihre Jugend aus und besuchten einen illegalen Rave im Wald am Rande von Leipzig. Sie kommen um 9 Uhr Früh nach Hause und werden von uns pünktlich um 13:00 geweckt. Man muss ja weiter. Die Hauptstadt ruft.





BERLIN - Die Stadt der billigen Asia-Restaurants

In Berlin spielen wir im NBI, einem coolen Club der sich in der "Kulturbrauerei" am Prenzlauer Berg befindet. Eine aufgelassene Bierfabrik mit etlichen eingemieteten Clubs. Beim Schlendern durch das Areal wirkt das alte Backsteingebäude wie eine riesige Version des Wiener WUKs.

Zum Konzert kommen viele Freunde und Bekannte, was die Stimmung natürlich hebt. Ansonsten ist das Konzert eher schlecht besucht. Konzert ist trotzdem gut, und es ist ein schönes Gefühl als kleine Band in der großen Stadt zu spielen.

Großen Respekt muss man unserer Vorband zollen. Beim dritten Lied kommt ihr Bassist angelaufen um mitzuspielen. Nach dem Konzert erfahren wir den Grund für seine Verspätung. Am Nachmittag wurde er Bassist per Krankenwagen ins Krankenhaus gebracht. Verdacht auf Herzinfarkt.

Geschlafen wird in der Wohnung des Veranstalters. Wir brechen verhältnismäßig früh auf und machen uns auf den Weg nach Hansestadt Lüneburg, der letzten Station unserer Reise.



LÜNEBURG - Die Stadt der Geschwister Scholl

Lüneburg ist ein nettes Studentenstädtchen, in dem es sich, wahrscheinlich aufgrund einfallsloser Architekten sich sehr ähnelnden Backsteingebäuden, äußerst gut verlaufen lässt. Das Asta Wohnzimmer befindet sich direkt am Campus. Einem Monster-Labyrinth-Campus. Es wird außerdem seinem Namen gerecht und ist eine sehr kleine, gemütliche Location, in der man sich von Beginn an wohl fühlt.





Es sind wenig Leute da, die dafür umso netter.
Bei den letzen Liedern setzt langsam Wehmut ein. Zum einem da das Bewusstsein kommt, dass der Alltag schon bald wieder beginnt, und zum anderen, weil wir wissen, dass uns nun eine 12-stündige Heimfahrt bevorsteht.

Raffael vollbringt danach Unglaubliches. Er fährt in der Nacht die Todesmaschine non-stop in nach Hause. Ohne jegliches Nickerchen. Ich glaube er macht das wie die Delfine. Schläft immer nur mit einer Gehirnhälfte.

Ich träume davon, dass wir alle im Bus sterben, merke dann jedoch im Halbschlaf, dass das bloß die buckelige, tschechische Autobahn ist, die mich da weckt.

Am Nachmittag sind wir wieder in Wien. Alles wieder gut, alles wieder normal.

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